„Einen Abstieg hätten wir uns nicht verziehen“ (2024)

OberzierDer „ewige BCO-Trainer“

Sascha Nacken blickt auf eine lange Karriere beim BC Oberzier zurück. Mit Ende der Saison endet auch seine 17-jährige Tätigkeit bei dem Verein. Der 49-Jährige blickt zurück.

„Einen Abstieg hätten wir uns nicht verziehen“ (1)

Es ging nicht immer so entspannt zu: Sascha Nacken (r.) hat eine schwierige Saison hinter sich.Foto: sf,

  • Helmut Schiffer

Eine beachtliche Trainerzeit kann Sascha Nacken beim BC Oberzier vorweisen. 17 Jahre war er beim Fußball-A-Ligisten tätig, bis im April Schluss war. Der 49-Jährige beendete in beiderseitigem Einvernehmen seine Tätigkeit. Im Gespräch mit Helmut Schiffer erklärt Nacken, wie er zu dieser Entscheidung gekommen ist. Auch auf seine ehrenamtliche Trainertätigkeit und das nachlassende Jugendinteresse für den Fußball geht er ein.

Herr Nacken, nach zehn Siegen, einem Remis und 13 Niederlagen endete mit der Saison 2023/24 auch ihre Zeit als Trainer beim BC Oberzier. War dieser Schritt wohlüberlegt?

Sascha Nacken: Wir als Trainerteam haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich war nun 17 Jahre Trainer im Verein – davon fünf als Trainer der ersten Mannschaft. Aber auch für Sebastian Schmitz, Ingo Oepen und Leon Brinkmann war dies eine schwierige Entscheidung. Tatsächlich wollten wir mit diesem Schritt aber die Möglichkeit eines neuen Impulses von Außen geben, um zumindest den Klassenerhalt nicht zu gefährden. Wir haben hier gemeinsam sehr viel aufgebaut und hätten uns einen Abstieg, nur weil wir an unserem Amt festhalten wollten, sicherlich nicht verziehen.

Auch in der damaligen Mitteilung zu Ihrem Rücktritt steht bereits, dass„beide Seiten“ – also der Vorstand und Sie –, „die Notwendigkeit erkannt haben, der Mannschaft neue Impulse zu geben“. Doch war die Tatsache, dass nach fünf Niederlagen in Folge die Rückrunde eventuell zum Abstieg geführt hätte, der wahre Grund der Trennung?

Nacken: Ja. Tatsächlich haben wir mit der Mannschaft in den Spielen des Jahres 2024 bis zu unserem Ausscheiden nur einen Punkt geholt. Das war eine lange negative Serie. Wir haben dies auch nochmal alles sehr selbstkritisch aufgearbeitet, aber den einen Grund nicht gefunden. Es sind Faktoren zusammengekommen, die dann insgesamt zu diesem Negativtrend geführt haben.

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Sie sind dafür bekannt gewesen, akribisch, detailliert und erfolgsorientiert arbeiten zu wollen. Drei Attribute, die in ehrenamtlicher Tätigkeit viel Kraft und Einsatz erfordern. Wie bekommt man dieses Trainerhobby über so eine lange Zeit bewerkstelligt?

Nacken: Indem man das, was man macht, gerne macht. Natürlich müssen auch alle aus dem privaten Umfeld diesen Aufwand mittragen. Unser Trainerteam hat einen sehr hohen Einsatz gebracht und das haben wir mit Freude getan. Es gab über die Jahre auch schon mal schwierige Phasen, doch ehrlich gesagt haben besonders die letzten Monate sehr viel Kraft gekostet. Es war nicht nur die sportliche Situation, sondern auch die damit einhergehende Unruhe im Team und im Verein, die belastend waren. Am Ende des Tages ist es bei einer solchen Ergebniskrise egal, in welcher Liga man verantwortlich ist. Die Erfolge der Vergangenheit dürfen bei der aktuellen Bewertung keine Rolle spielen.

Wie beurteilen Sie generell den Stellenwert des Fußballs in der heutigen Zeit? Insbesondere vor der Tatsache, dass immer weniger Jugendliche bereit sind, gerade an Wochenenden ihre Freizeit auf dem Fußballplatz zu verbringen.

Nacken: Ich denke, dass diese Thematik vielschichtig ist. Es gibt kaum eine Sportart, die den Querschnitt unserer Gesellschaft so gut widerspiegelt wie der Fußball. Die Kinder und Jugendlichen haben aufgrund der schulischen Herausforderungen weniger Zeit, und diese möchten sie dann vielleicht auch gerne anders gestalten. Bei einer Teamsportart, wie es der Fußballsport nun einmal ist, muss man sich aber aufeinander verlassen können. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Vereine einen guten (Kunstrasen-) Platz stellen, Trikots und Bälle da sind, gut ausgebildete Trainer stellen, die neben den sportlichen Kenntnissen möglichst auch noch Psychologen sind, und und und … Diese Erwartungen dürfen aber keine Einbahnstraße sein. Es darf nicht sein, dass ein Kind oder ein Jugendlicher nicht mehr kommt, weil es eine anspruchsvollere Trainingseinheit oder ein kritisches Gespräch gegeben hat. Vielleicht ist es aber auch eine Vision, dass der Kinder- und Jugendfußball in den Schulbetrieb integriert wird, wie es zum Beispiel schon teilweise in England praktiziert wird. Der Fußball ist immer noch die Sportart in Deutschland.

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Sascha Nacken, ehemaliger Trainer des BCO, glaubt, dass immer weniger Menschen Lust auf Fußball haben.Foto: sf

Generell ist, auch im Fußballkreis Düren, zu beobachten, dass es vielen Vereinen nicht mehr gelingt, Seniorenteams oder eben Jugendmannschaften zu melden. Mit der Folge von Zurückziehungen oder gar Abmeldungen. Wie erklären Sie sich das?

Nacken: Abgesehen von beispielsweise den stetig steigenden schulischen Herausforderungen glaube ich auch, dass einfach weniger Menschen diesem Hobby nachgehen wollen. In der Regel werden Jugendfördervereine ja geschlossen, weil die Anzahl der Kinder und Jugendlichen zu niedrig ist, um den Trainings- und Spielbetrieb in einem Verein aufrechtzuerhalten. Aber wenn aus diesem Spielerpool dann mehrere Seniorenmannschaften bedient werden müssen, ist dies auch nur begrenzt möglich. Wir haben mit dem Jahrgang 2000/2001 vor fünf Jahren 18 Spieler in den Seniorenspielbetrieb geführt. Davon waren einige bereits seit der F-Jugend bei uns. Das ist die eigentliche Leistung der letzten Jahre, da der BC Oberzier hiervon wirklich selbst heute noch profitiert.

Als Sie das Amt des Cheftrainers übernahmen, galt die Zielsetzung, einer neu formierten Mannschaft mindestens drei Jahre Entwicklungszeit zu geben, um in der A-Liga bestehen zu können. War dieses Ziel zu kurzsichtig? Oder war es sogar eine Fehleinschätzung, junge Spieler so lange bei Laune zu halten, vor allen Dingen, wenn – wie zuletzt – der Erfolg ausbleibt?

Nacken: Nein, dieses Ziel war definitiv nicht zu kurzsichtig. Wir haben gemeinsam mit der Mannschaft eine stetige Entwicklung durchgemacht. Die Platzierung der letzten Saison war bereits in Ordnung. Die Hinrunde der Saison 2023/2024 war mit 30 Punkten und dem dritten Platz der Winterpause sehr gut. In der Nachbetrachtung zeigt dies auch nochmal, welches Potenzial in diesem Team steckt.

Es gibt kaum eine Sportart, die den Querschnitt unserer Gesellschaft so gut widerspiegelt wie der Fußball. Die Kinder und Jugendlichen haben aufgrund der schulischen Herausforderungen weniger Zeit, und diese möchten sie dann vielleicht auch gerne anders gestalten. Bei einer Teamsportart, wie es der Fußballsport nun einmal ist, muss man sich aber aufeinander verlassen können.

Mit 17 Jahren Trainertätigkeit gehören Sie zu den Dienstältesten im Fußballkreis Düren in der A-Liga. Dadurch konnten Sie mit Ihren 49 Jahren schon viel Erfahrung sammeln. Kann diese Erfahrung, die Sie ja nur beim BCO gesammelt haben, bei der Entscheidung für einen Trainerposten bei einem anderen Verein hilfreich sein?

Nacken:Ich habe meine Trainererfahrung tatsächlich nicht nur beim BC Oberzier gesammelt. Ich war auch drei Jahre Trainer am DFB-Stützpunkt Düren und habe des Weiteren ein Jahr lang bei der U17 von Bayer 04 Leverkusen hospitiert. Darüber hinaus bin ich in den letzten Jahren zusammen mit Winni Ronig und Heinz Wißkirchen für die Trainerausbildung auf Kreisebene verantwortlich. Und natürlich nehme ich auch regelmäßig an Fortbildungen teil, die ich auch für die Verlängerung meiner A-Lizenz benötige. Daher habe ich schon immer über den Tellerrand hinausgeschaut und pflege auch den Austausch mit Trainerkollegen. Ich glaube daher schon, dass meine Erfahrung auch bei anderen Vereinen hilfreich sein könnte. Es muss dann aber auch passen, da ich eine Aufgabe immer zu einhundert Prozent angehe.

Die EM im eigenen Land steht kurz vor dem Anpfiff. Wagen Sie doch einmal einen Blick in die Kristallkugel. Welche Chancen räumen Sie dem DFB-Team ein, und wie werden sie die vier Wochen bis zum Finaltag hinsichtlich Fußball erleben?

Nacken:Es ist schön, dass diese EM in Deutschland stattfindet. Schade ist nur, dass die Ticketpreise und die Ticketvergabe so sind, wie sie sind. Trotzdem wird es hoffentlich ein friedliches Miteinander werden und alle Fans werden dieses Fest genießen. Ich bin selbst auch gespannt, wie unsere Mannschaft dieses Turnier spielen wird. Die bisherigen Testspiele unter Trainer Julius Nagelsmann waren ja sehr positiv. Die dadurch sicherlich neu entstandene Faneuphorie kann unsere Mannschaft möglichst weit durch das Turnier tragen.

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